Nicht jede Ablehnung der Krankenkasse ist gerechtfertigt

Über 18 Prozent aller Leistungsanträge in der gesetzlichen Krankenversicherung werden abgelehnt. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Leistungsbewilligungen und -ablehnungen durch Krankenkassen“. Dabei schwankt dieser Prozentsatz je nach Krankenkasse und Leistungsbereich signifikant. Ein Studienergebnis ist aber auch, dass es sich durchaus lohnen kann, einer Leistungsablehnung der Krankenkasse zu widersprechen.

Kürzlich stellte der Patientenbeauftragte und Pflegebevollmächtigte des Bundesministeriums für Gesundheit, Staatssekretär Karl-Josef Laumann, die von ihm in Auftrag gegebene Studie „Leistungsbewilligungen und -ablehnungen durch Krankenkassen“ der Iges Institut GmbH vor.

Für die Untersuchung wurden unter anderem Daten des medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen und der UPD Patientenberatung Deutschland gGmbH (UPD) für den Zeitraum 2010 bis 2015 herangezogen. Zudem wurden telefonisch und schriftlich Patienten, Krankenkassen sowie Akteure, die zwischen beiden Parteien vermitteln, und Experten verschiedener Organisationen befragt.

Deutliche Unterschiede zwischen den Kassen

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass es teils erhebliche Unterschiede bei der Bewilligung und Ablehnung von Leistungsanträgen der verschiedenen Leistungsbereiche zwischen den gesetzlichen Krankenkassen gibt. Unter anderem fanden die Studienautoren heraus, dass im Bereich Vorsorge und Rehabilitation im Jahr 2015 durchschnittlich beinahe jeder fünfte Antrag (18,4 Prozent) von den Krankenkassen abgelehnt wurde. Diese Ablehnungsquote schwankte je nach Krankenkasse zwischen 8,5 und 19,4 Prozent.

Gegen jeden vierten Ablehnungsbescheid (24,7 Prozent) im Bereich Vorsorge und Rehabilitation legten die Versicherten Widerspruch ein. Von diesen Widersprüchen wurden anschließend über die Hälfte (56,4 Prozent) in vollem Umfang oder mit anderen Leistungen bewilligt. Bei der Vorsorge für Familien wurden sogar 72 Prozent der Widersprüche doch bewilligt.

Die Ablehnungsquote bei Hilfsmitteln betrug je nach Krankenkasse zwischen 2,3 und 24,5 Prozent. So betrug die Ablehnungsquote bei Inhalations- und Atemtherapiegeräten zwischen 0,9 und 27,9 Prozent und bei Gehhilfen zwischen 1,9 und 36,6 Prozent. Die Ablehnungsquote bei Hilfsmitteln für chronische Wunden lag in 2015 je nach Krankenkasse sogar zwischen 3,8 und 54,7 Prozent. Rund 9,3 Prozent legten gegen eine Ablehnung einen Widerspruch ein, durchschnittlich 38,8 Prozent hatten mit ihrem Widerspruch Erfolg – bei einzelnen Krankenkassen waren es sogar bis zu 72,4 Prozent.

Ein Widerspruch kann erfolgreich sein

Der GKV-Spitzenverband räumt Unterschiede zwischen den Entscheidungen der Krankenkassen ein. „In einem Krankenversicherungs-System, in dem die Versicherten zwischen unterschiedlichen Krankenkassen wählen können sollen, gehören Unterschiede zwingend dazu“, erläuterte ein Sprecher des GKV-Spitzenverbandes auf Nachfrage. Dies beinhalte auch, dass Leistungsentscheidungen im Rahmen des vom Gesetzgeber eingeräumten Entscheidungsspielraums unterschiedlich ausfallen können, heißt es weiter.

Für den einzelnen Versicherten bedeutet dies aber auch, dass eine Ablehnung einer beantragten Leistung nicht unbedingt heißt, dass kein gesetzlicher Anspruch darauf besteht. Im Zweifel kann es daher sinnvoll sein, einer Ablehnung zu widersprechen, wie auch die Erfolgsquoten bei den Widersprüchen zeigen.

Informationen, wie ein Widerspruch oder eine Beschwerde bei der gesetzlichen Krankenkasse einzureichen ist, insbesondere welche Fristen diesbezüglich zu beachten sind, gibt es bei den Verbraucherzentralen, Sozial- und Wohlfahrtsverbänden und der UPD. Entsprechende Auskünfte erteilt beispielsweise die UPD online oder telefonisch unter der Telefonnummer 0800 0117722.

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