Crash beim Rückwärtsfahren

Wenn zwei Fahrzeuge beim Ausparken zusammenstoßen, wird davon ausgegangen, dass auch derjenige Fahrer eine Haftung von 25 Prozent tragen muss, der während des Vorfalls sein Fahrzeug nicht bewegt hat. Nur wenn er eindeutig nachweisen kann, dass er mindestens zwei Sekunden gestanden hat, wäre er entlastet. Das ist der Tenor eines Urteils des Landgerichts Karlsruhe (Az.: 20 S 95/14).

Zwei Pkws standen auf einem Parkplatz schräg gegenüber eingeparkt. Als eine Frau ihr beziehungsweise das Auto ihres Mannes rückwärts ausparken wollte, kollidierte sie mit dem anderen Pkw, dessen Fahrerin gleichzeitig rückwärts aus dem Parkplatz fuhr. Der Ehemann der Frau verklagte als Pkw-Besitzer daraufhin die andere Fahrerin beziehungsweise deren Kfz-Haftpflichtversicherung auf Schadenersatz.

Bei der Frage nach dem Verschulden war es jedoch strittig, ob der Pkw des Klägers, den seine Frau fuhr, zum Unfallzeitpunkt gestanden hatte und deshalb die Beklagte beziehungsweise ihre Kfz-Haftpflichtversicherung die Alleinhaftung übernehmen musste.

Geteilte Schuld

Der Fall ging zunächst vor das Amtsgericht. Das teilte die Haftung in einem Verhältnis von 50 zu 50 auf. Es begründete dies damit, dass der Anscheinsbeweis für ein Mitverschulden der Ehefrau des Klägers spreche. Dies könne nur entkräftet werden, wenn der Kläger nachgewiesen hätte, dass sein Fahrzeug vor dem Unfall längere Zeit gestanden hätte, was nicht der Fall war. Deshalb stünde ihm kein weiterer Schadenersatz über das hinaus, was die Kfz-Versicherung der Beklagten bereits geleistet hatte, zu. Damit wollte sich der Kläger nicht abfinden und legte Berufung ein.

Aus seiner Sicht war der Unfall für seine Frau unvermeidbar, nachdem ihr Fahrzeug zum Zeitpunkt der Kollision bereits gestanden hatte. Eine hälftige Haftung empfand er nicht als angemessen, weil die Beklagte beim Rückwärtsfahren ihren erhöhten Sorgfaltspflichten nicht genügt und nicht ständig nach rückwärts gesehen habe. Deshalb sei sie alleine für die Unfallfolgen verantwortlich. Das Landgericht setzte die Haftungsquote für die Beklagte auf 75 Prozent herauf und sprach dem Kläger zusätzliche Zahlungen entsprechend dieser Quote zu.

Erhebliche Betriebsgefahr

Ein Sachverständiger kam zwar zu dem Ergebnis, dass das Fahrzeug des Klägers zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes gestanden hatte. Wie lange es aber gestanden hatte, konnte nicht ermittelt werden. Der Unfall wäre für die Ehefrau des Klägers aber erst dann unvermeidbar gewesen, wenn das Auto mindestens zwei Sekunden vor dem Unfall gestanden hätte. Außerdem hatte sie ihr Auto bereits zu drei Vierteln aus dem Parkplatz herausgefahren, sodass es mindestens drei Meter auf der Fahrbahn stand. Dadurch war eine erhebliche Betriebsgefahr des Klägerfahrzeugs gegeben.

Das Verschulden der Beklagten überwog aus Sicht des Gerichts nicht derart erheblich, dass die Betriebsgefahr des gegnerischen Fahrzeugs dahinter zurücktreten müsse. Eine Revision ließ das Gericht nicht zu. Übrigens: Ist die Haftungslage nach einem Unfall unklar, übernimmt eine bestehende Verkehrsrechtsschutz-Police, wenn der Versicherer eine Leistungszusage gibt, die Kosten für die Geltendmachung der eigenen Schadenersatzansprüche beim Unfallgegner per Anwalt und wenn nötig auch vor Gericht.

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