Ein Verkehrsverstoß von einigem Gewicht, der gegebenenfalls eine Fahrtenbuchauflage rechtfertigt, liegt bereits dann vor, wenn die Verkehrs-Ordnungswidrigkeit nach dem neuen Punktekatalog mit nur einem Punkt geahndet werden kann. Das hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen entschieden (Az.: 5 K 1730/15).
Mit einem Kfz war ein Geschwindigkeits-Verstoß begangen worden. Der Fahrer des Fahrzeugs hätte dafür mit einem Bußgeld von 80 Euro sowie einem Eintrag von einem Punkt in die Flensburger Verkehrssünderdatei bestraft werden können. Auf dem anlässlich des Verkehrsverstoßes angefertigten Foto war der Kfz-Halter als Beifahrer zu erkennen. Im Rahmen seiner Anhörung zu dem Vorfall gab er dennoch an, keine Angaben zum Fahrer machen zu können.
Wegen einer Augenbehandlung wäre er nämlich mit seinem Fahrzeug zu der fraglichen Zeit regelmäßig von unterschiedlichen Personen zu seinem Arzt befördert worden. Welche dieser Personen das Fahrzeug am Tag der Geschwindigkeits-Überschreitung gefahren habe, könne er nicht sagen. Der Kfz-Halter war auch nicht dazu bereit, den infrage kommenden Personenkreis namentlich zu benennen. Die Behörde stellte das Ordnungswidrigkeiten-Verfahren daraufhin ein. Sie verpflichtete den Kfz-Halter jedoch gleichzeitig dazu, für die Dauer eines Jahres ein Fahrtenbuch zu führen.
Fristüberschreitung
Der Kfz-Halter reichte gegen den sofortigen Vollzug der Fahrtenbuchauflage eine Beschwerde beim Sigmaringer Verwaltungsgericht ein. Seiner Meinung nach sei die Fahrtenbuchauflage allein schon deswegen rechtswidrig, weil er nicht innerhalb der vorgeschriebenen Zweiwochenfrist zu dem Vorfall befragt worden sei.
Bei der Geschwindigkeits-Überschreitung handele es sich seiner Ansicht nach außerdem nicht um einen Verkehrsverstoß von einigem Gewicht. Denn er werde lediglich mit dem Eintrag eines Punktes in die Flensburger Verkehrssünderdatei geahndet. Eine Fahrtenbuchauflage dürfe daher auch aus diesem Grund nicht verhängt werden, so der Kfz-Halter. Doch dem wollte sich das Gericht nicht anschließen. Es wies die Beschwerde als unbegründet zurück.
Keine starre Grenze
Nach Ansicht der Richter ist davon auszugehen, dass die angefochtene Fahrtenbuchauflage aller Voraussicht nach zu Recht ergangen ist. Das Gericht stellte zwar nicht in Abrede, dass der Antragsteller erst nach Ablauf der Zweiwochenfrist zu dem Verkehrsverstoß befragt wurde. Das sei rechtlich jedoch unschädlich gewesen. Denn bei dieser Frist handele es sich weder um eine starre Grenze noch um ein formales Tatbestandskriterium der gesetzlichen Regelung.
Sie beruhe vielmehr auf dem Erfahrungssatz, nach dem sich eine Person an Vorgänge nur für einen begrenzten Zeitraum zu erinnern oder diese zu rekonstruieren vermag. „Deshalb ist die Nichteinhaltung der Zweiwochenfrist in den Fällen unschädlich, in denen wegen vom Regelfall abweichender Fallgestaltung auch eine spätere Anhörung zur effektiven Rechtsverteidigung genügt oder die Überschreitung des Zeitrahmens nicht ursächlich gewesen sein konnte für die Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers“, so das Gericht.
Fehlender Wille
In dem vorliegenden Fall hatte der Kfz-Halter keinerlei Anstalten gemacht, an der Ermittlung des Fahrers mitzuwirken. Er war noch nicht einmal dazu bereit gewesen, den Personenkreis zu benennen, der ihn regelmäßig zu der Arztterminen gefahren hatte.
Der Behörde war daher die Feststellung des Fahrzeugführers, der für die Verkehrs-Ordnungswidrigkeit verantwortlich ist, trotz intensiver Ermittlungen nicht möglich. Der Antragsteller wurde zu Recht dazu verpflichtet, ein Fahrtenbuch zu führen.
Kein geringfügiger Verstoß
Das gilt auch für seinen Einwand, dass es sich bei der Geschwindigkeits-Überschreitung um keinen Verstoß mit einigem Gewicht gehandelt habe. Von einem solchen ist nach Ansicht der Richter jedoch schon dann auszugehen, wenn das Delikt zu einer Eintragung von mindestens einem Punkt im Verkehrszentralregister führt.
„Da der Verkehrsverstoß mit einem Punkt hätte geahndet werden können, liegt ein wesentlicher Verkehrsverstoß vor. Nach dem Willen des Verordnungsgebers sollen nämlich nur noch solche Verkehrsverstöße mit einem Punkt bedroht sein, die im Zusammenhang mit der Verkehrssicherheit stehen“, heißt es dazu wörtlich in der Urteilsbegründung. Im Übrigen hätte der Verstoß nach der alten Regelung zum Eintrag von drei Punkten geführt. Der Kfz-Halter kann sich daher nicht auf Geringfügigkeit berufen.