Ob jemandem, der von einem ihm bekannten Hund gebissen wird, während er diesen streicheln wollte, ein Mitverschulden trifft und er deswegen nur eingeschränkt einen Schadenersatz und Schmerzensgeld vom Hundehalter verlangen kann, verdeutlicht ein Gerichtsurteil.
Wenn der Hund, den man streichelt, zubeißt
16.1.2023 (verpd) Die bloße Hinwendung zu einem Hund begründet in der Regel kein Mitverschulden, wenn dieser plötzlich zubeißt. Das gilt zumindest dann, wenn man das Tier schon geraume Zeit kennt und es bislang kein aggressives Verhalten gezeigt hat – so das Landgericht Frankenthal in einem Urteil (9 O 42/21).
Eine Frau hatte eine Freundin besucht, mit der sie gemeinsam in der Küche saß. Mit von der Partie war der Rottweiler-Rüde des Bruders der Freundin. Der Hund war der Besucherin seit längerer Zeit vertraut. Sie hatte mit ihm gespielt und gekuschelt und ihn regelmäßig gestreichelt.
Letzteres wollte die Frau auch dieses Mal machen. Doch als sie sich zu dem Rottweiler herunterbeugte, um ihn am Kopf zu streicheln, schnappte er unvermittelt nach ihr und biss ihr ins linke Ohr. Die dabei verursachte Wunde musste mit zahlreichen Stichen genäht werden.
Die Verletzte war infolge des Zwischenfalls mehr als eine Woche arbeitsunfähig. Bei Druck- und Kälteeinwirkung leidet sie noch immer unter Schmerzen. Der Hundehalter wollte jedoch nur einen Teil der Kosten und des von der Klägerin geforderten Schmerzensgeldes zahlen. Die Verletzte ging dagegen vor Gericht.
Wenn sich der Hund gestört fühlt
Der Halter des Tieres warf der Klägerin vor, den Zwischenfall durch ihr Verhalten erheblich mitverschuldet zu haben. Denn dadurch, dass sie sich zu ihm hinuntergebeugt habe, habe sich der Hund gestört gefühlt. Das aber hätte die Frau einkalkulieren müssen.
Dieser Argumentation schloss sich das Frankenthaler Landgericht nicht an. Es verurteilte den Tierhalter dazu, dem Opfer ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000 Euro zu zahlen.
Nach Ansicht des Gerichts kann die bloße Hinwendung zu einem Tier, etwa durch Streicheln, kein Mitverschulden begründen. Das gelte zumindest dann, wenn man das Tier schon eine geraume Zeit kenne und es bisher kein aggressives Verhalten gezeigt habe.
Verschuldensunabhängige Haftung
Unabhängig davon hafte ein Tierhalter gemäß § 833 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) auch dann, wenn ihm kein Fehlverhalten vorgeworfen werden könne. Denn die Haftung für ein Haustier, welches nicht zur Berufsausübung gehalten werde, setze kein Verschulden voraus. Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig.
Der Fall zeigt, wie wichtig es grundsätzlich für Hundehalter ist, eine Tierhalterhaftpflicht-Versicherung zu haben. Denn ein Hundehalter muss die durch den Hund bei Dritten verursachten Schäden wie Schmerzensgeld- und Schadenersatz-Forderungen dann nicht aus der eigenen Tasche zahlen, da diese Police die Schadenkosten übernimmt.
Zudem wehrt eine solche Versicherung aber auch ungerechtfertigte oder überzogene Forderungen Dritter ab.