Noch nie waren im ersten Halbjahr eines Jahres so viele gesetzlich krankenversicherte Beschäftigte krankgeschrieben wie in diesem Jahr, wie eine Datenanalyse einer gesetzlichen Krankenkasse verdeutlicht. Die Daten zeigen auch, welche Hauptursachen dafür verantwortlich sind.
Wieder neuer Rekordwert beim Krankenstand
2.9.2024 (verpd) Im ersten Halbjahr 2023 wurde beim Krankenstand der gesetzlich krankenversicherten Beschäftigten bereits ein Höchstwert erreicht. Neue Datenauswertungen der Techniker Krankenkasse, einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung, belegen, dass dieser Wert in den ersten sechs Monaten dieses Jahres noch überschritten wurde. Aktuell war im ersten Halbjahr 2024 jeder gesetzlich krankenversicherte Erwerbstätige 9,6 Tage krank. Allein auf ein Leiden entfällt ein Viertel aller Krankschreibungen.
Wie eine Datenanalyse der rund 5,7 Millionen Erwerbstätigen, die bei der Techniker Krankenkasse (TK) gesetzlich krankenversichert sind, belegt, war im Durchschnitt jeder Beschäftigte in den ersten sechs Monaten 2024 9,6 Tage krankgeschrieben. Das ist der bisher höchste Wert des ersten Halbjahres eines Jahres.
Gegenüber demselben Vergleichszeitraum des letzten Jahres ist das ein Anstieg um 1,1 Prozent, denn damals waren es noch 9,5 Krankentage. Selbst im ersten Halbjahr 2020, dem ersten Jahr der Coronapandemie, war der Krankenstand mit 7,9 Tage um 17,7 Prozent und in den ersten sechs Monaten 2019, dem Vorcoronajahr, mit 7,8 Krankentage um 18,8 Prozent niedriger als in 2024.
Diese Krankheiten verursachten die meisten Fehltage
Der häufigste Grund für eine Krankschreibung in der ersten Jahreshälfte 2024 waren Atemwegserkrankungen wie Erkältungen und Grippe. 24 Prozent aller Krankentage entfielen auf diese Diagnose. Im Durchschnitt sind allein 2,3 der 9,6 Fehltage je Krankenkassenmitglied mit Krankengeldanspruch im ersten Halbjahr 2024 darauf zurückzuführen.
Obwohl die erkältungsbedingten halbjährlichen Fehlzeiten in 2024 leicht unter den beiden Vorjahreswerten von 2,5 Tagen in 2023 und 2,6 Tagen in 2022 lagen, sind sie dennoch deutlich höher als in den Jahren davor. Jeweils im ersten Halbjahr war durchschnittlich jeder bei der TK-versicherte Erwerbstätigen im Jahr 2019 1,4 Tage, im Jahr 2020 1,6 Tage und im Jahr 2021 sogar nur 0,6 Tage wegen einer Atemwegserkrankung wie einem grippalen Infekt krankgeschrieben.
Die zweithäufigste Ursache für Fehltage sind psychische Probleme wie Depressionen. Hierauf entfielen von Januar bis einschließlich Juni 2024 im Schnitt 1,8 Krankentage pro gesetzlich krankenversichertem Erwerbstätigen. Im Vergleichszeitraum 2023 waren es noch 1,7 Krankentage.
Auf dem dritten Platz der häufigsten Diagnosen, die im ersten Halbjahr 2024 zu einer Krankschreibung führten, liegen Muskel-Skelett-Erkrankungen mit 1,4 Fehltagen pro Erwerbstätigen, der bei der TK versichert war und einen Krankengeldanspruch hatte.
Sommergrippe treibt Krankenstand hoch
„Schon im Februar dieses Jahres haben wir einen Peak bei den Krankenständen gesehen. Dann flachte die Zahl der Krankmeldungen etwas ab und legte im Juni wieder deutlich zu. Schaut man allein auf die erkältungsbedingten Krankschreibungstage im ersten Halbjahr 2024, scheint sich im Juni eine sommerliche Infektionswelle anzubahnen“, wie Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK, ausführt.
Die TK betont weiter: „Über Gründe dafür lasse sich nur spekulieren. So sei es beispielsweise nur eine Vermutung, ob Großereignisse wie die Fußball-Europameisterschaft in Deutschland für mehr Ansteckungen gesorgt haben.“
Übrigens, bei einem gesetzlich krankenversicherten Erwerbstätigen wirkt sich eine kurze Krankheitsdauer wegen desselben Leidens von maximal sechs Wochen pro Jahr aufgrund der sechswöchigen Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber in der Regel nur marginal auf die Einkommenshöhe aus. Anders bei einem längeren Krankenstand. Hier muss der Betroffene mit deutlichen Einkommenseinbußen rechnen.
Einkommensschutz im Krankheitsfall
Der Grund: Das als Lohnersatzleistung von der Krankenkasse gezahlte gesetzliche Krankengeld ist geringer als das bisherige Nettogehalt. Insbesondere, wer ein hohes Gehalt hat, muss hier mit erheblichen Einkommenseinbußen rechnen. Arbeitnehmer haben bei einer Arbeitsunfähigkeit, die nicht unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung fällt, maximal 78 Wochen Anspruch auf 70 Prozent des bisherigen Bruttolohns, aber höchstens 90 Prozent des Nettoeinkommens.
Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) berücksichtigt für die Höhe des Krankengeldes zudem maximal das Bruttoeinkommen bis zur GKV-Beitragsbemessungsgrenze – in 2024 sind das monatlich 5.175 Euro. Das Gehalt oberhalb dieser Grenze wird bei der Berechnung des Krankengeldes nicht mitberücksichtigt. Verdient ein Betroffener mehr als 5.175 Euro im Monat brutto, bekommt er maximal 90 Prozent seines Nettoeinkommens, höchstens jedoch 70 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze.
Das wären somit maximal 3.662,50 Euro im Monat beziehungsweise 120,75 Euro am Tag als Krankengeld. Davon werden noch die Beiträge für die gesetzliche Pflege-, Renten- und Arbeitslosen-Versicherung abgezogen.
Selbstständige, die nicht gesetzlich krankenversichert sind oder sich freiwillig gesetzlich krankenversichert haben, ohne einen Krankengeldanspruch mit einzuschließen, würden in der Regel im Krankheitsfall keinen Einkommensersatz erhalten. Eine Absicherung der möglichen Einkommenslücke für Arbeitnehmer, aber auch für Selbstständige, ist jedoch über eine private Krankentagegeldversicherung möglich.